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Trüffel - vom Schweinefutter zur Delikatesse aus dem Wald

Försterinnen und Förster interessieren sich immer mehr für diesen besonderen Wurzelpilz. Die Produktion allerdings bleibt marginal, auch wenn die Verkaufspreise steigen.

Bernard Rérat* | Wissen wir eigentlich, was Trüffel sind? Alle kennen ihre etwas merkwürdige Masse, aber niemand weiss wirklich, wie sich dieses grossartige Geschenk der Natur in Symbiose mit seinem Umfeld entwickelt. Die Trüffel ist scheu und geheimnissvoll und steht doch im Mittelpunkt des Interesses, seit sie sich vom Schweinefutter zu einer seltenen und wertvollen Delikatesse gemausert hat. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es Trüffeln im Überfluss. Sie waren ein gewöhnliches Nahrungsmittel, von dem sich Menschen und Tiere auf dem Land ernährten. Um 1900 wurden in Frankreich zwischen 1000 und 2000 Tonnen Trüffeln pro Jahr produziert. «Die Trüffeln waren riesig: 1912 wurde in einem wilden Trüffelhain in Alpes-de-Haute-Provence (Region in Frankreich, Anm. d. Red.) ein rekordgrosses Exemplar von 10,5 Kilogramm gefunden. Heute wiegen die grössten Exemplare nur noch 1,5 Kilogramm», berichtet Roland del Négro, pensionierter Doktor der Kernphysik und leidenschaftlicher Trüffelzüchter.

In Frankreich erreicht die Produktion in einem guten Jahr knapp 40 Tonnen. Was sind die Gründe für diesen Rückgang? Sicherlich die wiederholten Dürreperioden seit Ende des letzten Jahrhunderts. Aber die Umwelt hat sich auch sozial und wirtschaftlich verändert. Aufgrund der Landflucht sind die natürlichen, lichten Trüffelniederwälder zugewachsen. Der Lichtmangel ist für die Trüffeln tödlich.

Bis zu 5000 Euro pro Kilo

Die Seltenheit dieses unterirdischen Pilzes (hypogäischer Askomyzet), der in Symbiose mit bestimmten Bäumen lebt, regt die Geschmacksnerven an und erhitzt den finanziellen Appetit. «Der Markt für frische Trüffeln ist sehr saisonabhängig. Er beginnt im Herbst, erreicht seinen Höhepunkt kurz vor den Weihnachtsfeiertagen und endet gegen Anfang März.» Philippe Boit, Trüffelzüchter in der Provence, fügt hinzu, dass die Preise je nach Art sehr unterschiedlich sind.

In Frankreich werden drei dieser Trüffelarten aufgrund ihrer einzigartigen sensorischen Eigenschaften vermarktet. Die Burgunder-Trüffel (Tuber uncinatum) liebt eine schattige Umgebung und wird von September bis Dezember geerntet. Der Preis kann bis auf 700 Euro pro Kilo steigen, der Durchschnitt liegt bei rund 200 bis 400 Euro pro Kilo.

Auf französischen Märkten beliebt

Die Périgord-Trüffel (Tuber melanosporum) ist eine spätere Trüffel, die Sonne, Wärme und eher trockene Böden bevorzugt, obwohl auch sie im Sommer Wasser benötigt. Sie ist die teuerste einheimische Trüffel und auf dem französischen Markt am häufigsten anzutreffen. In der Hochsaison klettert der Durchschnittspreis auf 1200 bis 1300 Euro pro Kilo mit Spitzenwerten von 1500 Euro pro Kilo.

Im Gegensatz zu diesen beiden Pilzsorten, die von geimpften und gepflanzten Bäumen abstammen können, wächst die weisse Alba-Trüffel (Tuber magnatum) nur in Italien und in einigen Regionen des Balkans, wild und in naturbelassener Umgebung. Aufgrund ihrer extremen Seltenheit und ihres subtilen Dufts erreichen ihre Preise astronomische Höhen (bis zu 5000 Euro das Kilo). Im Jahr 2021 gab es erste wissenschaftliche Erfolge mit Bäumen, die mit Tuber magnatum geimpft wurden mit dem Ziel, Plantagen anzulegen.

Die gärtnerische Trüffelforstwirtschaft

Was können Waldbesitzer von einem Trüffelhain erwarten? «Je nach Umweltbedingungen, Pflege und Qualität der Setzlinge beginnt ein Trüffelhain im Alter von sieben bis acht Jahren zu produzieren und kann bei 
20 Kilogramm pro Hektare und Jahr  zwischen 1000 und 10 000 Euro pro Hektare und Jahr einbringen», sagt Jean-Claude Fonzes, Trüffelzüchter im Departement Gard. Die Investitionen sind vergleichbar mit jenen in den Pappelanbau. Die Jungpflanzen (200 bis 300 Stämme pro Hektare) müssen gemulcht und häufig gegen Wildschweine, die grosse Räuber der Trüffelhaine sind, geschützt werden. Eine sommerliche Bewässerung sowie Pflegemassnahmen durch oberflächliches Pflügen des Bodens, Mulchen 
des Beikrauts, Beschneiden und Auslichten sind einzuplanen.

Allerdings entwickelt sich in Frankreich derzeit eine Alternative zu den Pflanzungen: die gärtnerische Trüffelforstwirtschaft. In ehemals wilden Trüffelwäldern oder in Beständen, die es werden könnten, kombinieren Förster gärtnerische Rückschnitte in kurzem Turnus von drei Jahren mit forstwirtschaftlichen Arbeiten, um die Mykorrhiza-Verbindung von Baum zu Pilz zu stimulieren. Diese traditionelle Forstwirtschaft, die die natürliche Dynamik respektiert, wird von immer mehr 
Förstern wieder aufgegriffen.

  • Bernard Rerat ist freier Journalist.

 

Ein Luxuspilz, aber was für einer! Je nach Art kann eine Feinschmeckerknolle dem Finder bis zu 5000 Euro pro Kilo bringen. Foto: Bernard Rérat

 

 

DER TRÜFFELSCHAMANE

Es ist schwierig, Philippe Boit einzuschätzen. Sylvotherapeut, Radiästhesist, Wünschelrutengänger, Zauberer? Weiss der Mensch selbst, wer er ist? Offenbar ist er sich einer Sache sicher: Er hat die Fähigkeit, sich mit unsichtbaren Kräften zu verbinden, mit den irdenen und den kosmischen Strömungen, die auf diesem Planeten zirkulieren. 

Dieser Mann aus der Provence entdeckte die Trüffeln dank seinem Hund, einer Bracke mit einer kräftigen Nase, die ständig in der Erde unter einer alten Linde scharrte. Bis zu dem Tag, an dem sein Herrchen bemerkte, dass das Tier den berühmten Pilz ausgrub. Von da an wurde die Suche nach der «Rabasse» zu einer Leidenschaft. «Eines Tages traf ich einen Radiästheten, der mir die Hand schüttelte und mir sagte, dass ich die Gabe besässe, Wasser zu finden.» So geriet 
Philippe Boit in die geheimnisvolle Welt der Wünschelrutengänger.

 

Es begann ein langer Initiationsweg über das Verständnis des Lebendigen, der Natur und ihrer verborgenen Kräfte. Seine Gabe als Wünschelrutengänger setzt er für seine Leidenschaft ein und regeneriert alte, natürliche Trüffelhaine, indem er eine Art gärtnerische Forstwirtschaft betreibt. Er behauptet, dass er die unsichtbare Hierarchie entdeckt hat, die im Wald herrscht, mit Meisterbäumen, die Weisheit und Wohlbefinden ausstrahlen.

Philippe Boit muss zunächst «das Gelände ausbalancieren. Die Meisterbäume rufen mich, sie spielen bei meiner Arbeit des Ausbalancierens eine zentrale Rolle». Um einen Ort günstig zu gestalten, verwendet er Steine, die er als ebenso lebendig wie Wasser empfindet. «Ich pflanze Steine aller Grössen und suche nach den elektromagnetischen Frequenzen, die jedes Element des Naturreichs verbinden: Wasser, Mineralien, Bäume, Tiere, Menschen, Trüffeln ...»

Diese esoterische Arbeit der Bodenregenartion, die er intuitiv ausführt, soll das Wachstum der Trüffeln fördern. In der Provence scheint die Gabe von Philippe Boit anerkannt zu werden: Viele Züchter wenden sich an ihn, in der Hoffnung, ihre Produktion zu steigern.

 

WISSENSWERTES ÜBER TRÜFFEL

 

«Die Trüffel ist tatsächlich ein spezieller Pilz. Das fängt schon bei ihrem unverwechselbaren Geruch und beim einzigartigen Geschmack an. Hinzu kommt, dass die Trüffel im Boden fruchtet, und nicht wie viele andere Pilze oberhalb der Erde», sagt Martina Peter, Pilzexpertin bei der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Echte Trüffel der Gattung Tuber gibt es rund 200 weltweit, etwa 35 davon sind in Europa heimisch, und zirka 17 können in der Schweiz gefunden werden. Sieben dieser Trüffelsorten sind hervorragende Speise-
pilze: die weisse Piemont- oder Alba-Trüffel, die Périgord-Trüffel, die Sommer- oder Burgunder-Trüffel, die Weissliche Trüffel, die Wintertrüffel, die Grosssporige Trüffel und die Teer-Trüffel. In Geschmack und Aroma ähneln sich die verschiedenen Arten. Kennerinnen und Kenner schmecken aber klare Unterschiede heraus. Die Palette reicht von haselnussig-mild über erdig und pilzig bis hin zu scharf-intensiv und waldig mit süsslicher Moschus- oder Knoblauchnote. Während die Burgundertrüffel in ganz 
Europa weitverbreitet und auch die häufigste hierzulande ist, stammen sowohl die weisse Alba-Trüffel  im Übrigen die teuerste unter ihresgleichen  als auch die schwarze 
Périgord-Trüffel ursprünglich aus den Gebieten südlich der Alpen. Erstere ist in Italien, Griechenland, der Türkei und dem Balkan beheimatet, Letztere gedeiht in den Mittelmeerregionen Frankreichs, Spaniens und Italiens. Vermutlich bedingt durch den Klimawandel, breiten sich die Trüffeln immer weiter in den Norden aus. «In der Schweiz finden Sammler von den begehrtesten drei Trüffelarten vor allem die Burgunder-Trüffel. Sie kommt in Wäldern und Parks im Mittelland, im Jura, in der Romandie und im Tessin überall dort vor, wo sie geeignete kalk- und tonhaltige Böden sowie die richtigen Baumpartner vorfindet», so Martina Peter. 

Echte Win-win-Situation

Wie viele andere Speisepilze, brauchen auch die Trüffeln Bäume oder Sträucher, mit denen sie in Symbiose leben. Dabei kann es sich um Buchen handeln, um Eichen, Hagebuchen, Haselsträucher, Linden und auch um Fichten oder Föhren. Während die meisten Trüffelarten nicht sehr wählerisch sind, bevorzugen andere «Symbiose-Pilze» einen ganz speziellen Wirt.

Das symbiotische Zusammenleben dieser Schlauchpilzarten mit dem Baum ist eine ausgeklügelte Sache: Die feinen Pilzfäden der Trüffel verknüpfen sich mit den Wurzel-
enden des Wirtsbaumes und ermöglichen so einen Nährstoffaustausch. Der Pilz verbessert durch seine wollige Struktur und die langen Hyphenfäden die Wurzeloberfläche und die Bodenerschliessung des Trüffelbaums, wodurch der Wirt mehr Nährstoffe und Wasser aufnehmen kann. Der Trüffelbaum wiederum gibt dem Pilz Kohlenhydrate (überwiegend einfache Zucker) ab, die der Pilz nicht selbst herstellen kann. Dadurch entsteht eine Win-win-Situation für beide Organismen. 

«Es ist wichtig, dass Sammler darauf achten, dass sie die Böden nicht zu durchlöchert zurücklassen. Dies kann das feine Pilzgeflecht im Boden beeinträchtigen. Aber grundsätzlich wollen die Pilze von Tieren gefunden werden damit ihre Sporen weiterverbreitet werden, und sie sich genetisch erneuern können. Darum riechen Trüffeln auch so stark», erklärt Martina Peter. Wer sich also mit Sorgfalt und einigem Vorwissen auf Trüffelsuche begibt, der findet den Edelpilz fast das ganze Jahr über. Die Trüffelsaison ist je nach Trüffelart und Region, wo diese gedeiht, sehr unterschiedlich und präzise kaum anzugeben. Das Wachstum ist zudem stark witterungsabhängig.

In den letzten Jahren sind in der Schweiz grössere Trüffelplantagen entstanden. Viele befindet sich in der Westschweiz und im Mittelland. Hierzulande werden insbesondere Burgunder-Trüffeln, Wintertrüffeln und Frühlingstrüffeln angebaut. Der kontrollierte Anbau hat aber vor allem in Südeuropa eine jahrzehntelange Tradition. Den Franzosen 
ist vor rund zwei Jahren ein echter Durchbruch gelungen: Nach neun Jahren 
Forschung haben es Wissenschaftler des nationalen Instituts für Agrarforschung (INRAE) in Zusammenarbeit mit einer Baumschule im Departement Hautes-Alpes erstmals geschafft, weisse Trüffeln zu züchten. Damit könnte ihr Anbau bald überall möglich sein. Bis der gezüchtete Pilz allerdings auf den Markt kommt, dauert es noch ein 
paar Jahre. Denn gehandelt werden vorerst lediglich die mit den Sporen des Pilzes beimpften Eichensetzlinge.

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